Bereits 2019 hat Flora Miranda das Potenzial von KIfür den kreativen Prozess analysiert, wie in der Schau im Geymüllerschlössel im Video LaLa Land (2019) deutlich wird. Für diese Arbeit hat Miranda einenAlgorithmus mitFokus auf „sexuelle Attraktivität“programmiert, derbasierend auf 50 3D-Scans selbst „designt“. Obwohl Technologie gemeinhin eher männlich konnotiert wird, interessiert sich Flora Miranda im Speziellen für ihre weibliche(n)Seite(n); für dieSelbstdarstellungvon weiblich gelesenen Personen im Internetund feminine Körperideale, damit verbundene Dimensionen wie Sexualitätund Erotik sowie weibliche Selbstermächtigung bzw. Macht.
Die Performativität von weiblichem Geschlecht unterstreicht Miranda mit hyperfemininen Kleidungsstücken, die sich explizit auf Drag Artists wie Leigh Bowery oder Amanda Lepore beziehen. Kritische Aspektewie die von Influencer*innenpropagierte, durch medizinische Eingriffe optimierte Sanduhr-Silhouette greift sie etwa mit dem Kleidungsstück Kim Kardashian Dress (2019)auf. Die Künstlichkeit des verwendeten Materials Silikon sowie die nicht-passende Übergröße des Kleids rücken die Konstruiertheit der Schönheitsnormenin den Vordergrund. Anknüpfend an Legacy Russells Manifest Glitch Feminism (2020) betont sie auch mit dem Kleid Cracked Screenaus der Cyber Crack-Kollektion (2020)Brüche in der Realitätund verdeutlicht damit den Druck ästhetischer Normen in der weiblichen Identitätskonstruktion.
Der Cyber Crack-Kollektion entstammt auch das Crinkle Dress(2020), das Flora Miranda in Zusammenarbeit mit der Künstlerin Esther Stockerentwickelt hat. Das Grid −also die Gitterstruktur, die seine Oberfläche überzieht–soll als griffige Metapher für die Vernetzung des Internets stehen und eine Art Camouflage bzw. Unsichtbarkeit ermöglichen, die nicht zuletzt durch das Verdecken des Gesichts erreicht wird.
Entlang der Devise The Future is Femaleimaginiert Miranda mit dem Time To Tech Up Dress (2020) mit seinen sechswechselbaren Panels eine Welt, in der nicht nur Cis-Männer die (virtuelle) Realität kontrollieren. Die Panels visualisieren weibliche Tech-Heldinnen auf den Covers des fiktiven Magazins Die Führerin. Die aus einer Künstler*innenfamilie stammende Salzburgerin hat sich bereits vor ihrem Studium auf der Modeakademie in Antwerpen (u.a. bei Walter Van Beirendonck) mit fotorealistischer Malerei beschäftigt. So zeugt ihr mit Silikon auf Netzgrund „bemaltes“ TuchMemories Paintingaus der Kollektion Hyperreal(2021)von ihrer Faszination für bildende Kunst, die sie alleinesowie im Rahmen von Kollaborationen in den BereichDesign übersetzt.
Bühnenkostüme sind seit 2018 Teil ihresRepertoires. Nebendem Ballet of Differencein Köln zählen der Bregenzer Frühling, die Wiener Festwochen und das Opera Ballet Vlaanderen zu ihren Kund*innen. Das in der Ausstellung gezeigte Avatar Dress(2020) wurde als Bodysuit erstmalig für das Ballet of Differencein Köln als Kostüm genutzt, bevor es von Flora Miranda für die Cyber Crack-Kollektion 2019 als gestricktes Kleid und Oberteil adaptiert wurde.
Nach Abschluss ihres Studiums 2014 arbeitete Flora Mirandabei Iris van Herpen,bis sie 2016 ihr eigenes Label gründete. In diesem Jahr wurde sie bei den Austrian Fashion Awards mit dem „Outstandig Artist Award“ ausgezeichnet. Ihre Kleider finden sich beispielsweise in den Sammlungen der Universität für angewandte Kunst Wien oder des MGK Hamburg.
Am Eröffnungsabend der Ausstellung (CON)TEMPORARY FASHION SHOWCASE: Flora Mirandastellt die Designerinihr 2023 erschienenes Buch I AmDigitalvor. Es zeigt einen Querschnitt ihres Schaffens und beinhaltet viele der Looks, die im Geymüllerschlössel präsentiert werden.
Die Ausstellung (CON)TEMPORARY FASHION SHOWCASE: Flora Miranda bildet nach(CON)TEMPORARY FASHION SHOWCASE: Anna-Sophie Berger. The Years (13.5.–20.8.2023) den Abschluss der Saison im Geymüllerschlössel.
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