Kissing in a bar, New York, 1977 Kissing in a bar, New York, 1977 - Mit freundlicher Genehmigung von: COBerlin

Wer: COBerlin

Was: Ausstellung

Wann: 16.09.2023 - 18.01.2024

Eine ältere Frau mit riesigen, runden Brillengläsern, die weißen Haare fein toupiert, klammert sich an ihr Glas am Bartresen, während sie ihre Begleitung leidenschaftlich an ihre Lippen drückt. Die Zigarette liegt schon ausgedrückt im Aschenbecher, doch ‚der Abend ist noch jung‘, denkt sich das Pärchen vielleicht. Eine Schwarzweißfotografie voller Lebenslust. Ein Moment der…
Eine ältere Frau mit riesigen, runden Brillengläsern, die weißen Haare fein toupiert, klammert sich an ihr Glas am Bartresen, während sie ihre Begleitung leidenschaftlich an ihre Lippen drückt. Die Zigarette liegt schon ausgedrückt im Aschenbecher, doch ‚der Abend ist noch jung‘, denkt sich das Pärchen vielleicht. Eine Schwarzweißfotografie voller Lebenslust. Ein Moment der Begegnung. Und eines der vielen spontanen Aufnahmen von Mary Ellen Mark (1940–2015).

Seit den 1960er Jahren war die US-amerikanische Reportagefotografin und Porträtistin immer auch eine Fürsprecherin für Menschen am Rande der Gesellschaft. In freien Projekten und Auftragsarbeiten hat sie mit großer Aufmerksamkeit und Empathie das Leben von marginalisierten Gruppen fotografiert. Ob Straßenkinder in Seattle, Psychatrie-Patient:innen in Oregon oder Sexarbeiter:innen in Mumbai – als eine von humanistischen Idealen geleitete Dokumentarfotografin ging Mark den Hilfsbedürftigen oder Stigmatisierten nicht aus dem Weg, sondern entwickelte eine eigene Bildsprache, um die besonderen Lebensumstände würdevoll und urteilsfrei zu zeigen. Ihr Werk steht daher heute in einer Linie mit historischen Größen der sozialkritischen Fotografie wie W. Eugene Smith, Dorothea Lange, Margaret Bourke-White oder Walker Evans.

Selbst sozialisiert in einer Hochphase der US-amerikanischen Frauenrechtsbewegung, ist es kein Wunder, dass sie ihren Blick oft auf Frauen und Mädchen richtete. Oftmals tauchte sie für ihre Arbeiten über Wochen in die soziale Realität ihrer Protagonist:innen ein, um ihre visuellen Charakterstudien und Narrative weltweit zu fotografieren, ohne dabei die Schlüsselmomente für Einzelbilder aus den Augen zu verlieren. Auch nach der Veröffentlichung ihrer Bilder blieb sie mit den Porträtierten in Kontakt. In manchen Fällen fotografierte sie diese sogar jahrelang, was eine tiefe, persönliche Verbundenheit offenbart.

Mary Ellen Mark . Encounters präsentiert fünf ikonische Projekte, an denen die Fotografin in den 1970er und 1980er Jahren arbeitete und deren abschließende Buchpublikationen maßgeblich zu ihrer Bekanntheit beitrugen: Ward 81, in der sie Frauen in einer psychiatrischen Station in Oregon über Wochen dokumentierte; Falkland Road, eine Reportage über Sexarbeiter:innen in Mumbai; Mother Teresa’s Missions of Charity, eine visuelle Erforschung sowohl ihrer Persönlichkeit als auch ihrer Mission; eine Serie über reisende Zirkusfamilien in Indian Circus oder Marks preisgekröntes Projekt Streetwise und das darauf folgende Tiny: Streetwise Revisited – beides Arbeiten, die ihr anhaltendes Bestreben veranschaulichen, die Geschichte von Erin Charles, auch bekannt als Tiny, zu erzählen. Mark begann mit dem Projekt als Tiny auf der Straße lebte und fotografierte sie (und schließlich ihre zehn Kinder) über die nächsten dreißig Jahre hinweg.

Als eine der wichtigsten Stimmen im Bildjournalismus wurden Marks Serien in zahlreichen international angesehenen Magazinen und Zeitungen wie Time, GEO, Stern, Life oder New York Times Magazine veröffentlicht und vielfach ausgezeichnet. Zugleich gehörte Mary Ellen Mark einer Generation von Fotograf:innen an, die stark von den Umbrüchen im Fotojournalismus und der Magazinfotografie in den 1980er Jahren betroffen war. Es kam ihrer Karriere zugute, dass sie neben klassischen Reportagearbeiten auch Workshops unterrichtete und Schauspieler:innen porträtierte. Die schillernde Welt des Films fotografierte sie dabei mit derselben Sensibilität und Offenheit. Neben Porträts von Schauspieler:innen und bekannten Persönlichkeiten werden in der Retrospektive auch die Serien Twins (2001/2002) und Prom (2006–2009) gezeigt, um das Spektrum ihres fotografischen Schaffens als Reportagefotografin und Porträtistin aufzuzeigen, deren einzigartigen Bilder von den Magazinseiten zuerst ins Fotobuch und dann an die Ausstellungswand gewandert sind.

Mary Ellen Mark . Encounters ist die weltweit erste umfassende Retrospektive über das Werk der berühmten Fotografin. Die Ausstellung, kuratiert von Melissa Harris und Sophia Greiff (C/O Berlin Foundation), wurde in enger Zusammenarbeit mit dem im New Yorker Familienbesitz befindlichen Archiv der Fotografin, der Mary Ellen Mark Foundation, konzipiert. Sie präsentiert bekannte und unbekannte Prints zusammen mit raren Archivmaterialien wie Kontaktbögen, Briefen und Notizbüchern. Es erscheint ein begleitender Katalog im Steidl Verlag.

 

In Zusammenarbeit mitThe Mary Ellen Mark Foundation

Ermöglicht durchArt Mentor Foundation Lucerne

Im Rahmen derBerlin Art Week 2023

Tags: Farbfotografie, Mary Ellen Mark, Schwarzweißfotografie‎

Täglich von 11:00–20:00

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