Szene aus dem Atmaprasangsa (878 KB) I Gusti Nyoman Lempad Vor 1935 Sammlung Helene Potjewyd Papier, Feder und Tusche mit schwarzer und roter Tinte, gehöht mit Gold, H. 280 mm, B. 210 mm © KHM mit MVK und ÖTM Szene aus dem Atmaprasangsa (878 KB) I Gusti Nyoman Lempad Vor 1935 Sammlung Helene Potjewyd Papier, Feder und Tusche mit schwarzer und roter Tinte, gehöht mit Gold, H. 280 mm, B. 210 mm © KHM mit MVK und ÖTM - Mit freundlicher Genehmigung von: khm

Was: Ausstellung

Wann: 02.02.2011 - 02.05.2011

Eine Ausstellung des Museums für Völkerkunde Wien in Kooperation mit der Botschaft der Republik Indonesien  

Über Jahrhunderte produzierten bildende Künstler auf Bali nur für lokale Fürsten und für den rituellen Bedarf innerhalb der Dorfgemeinschaft. In den 1920er Jahren begünstigte die Entdeckung Balis als „Künstlerparadies“ die Verwandlung der Insel in eine…

Eine Ausstellung des Museums für Völkerkunde Wien in Kooperation mit der Botschaft der Republik Indonesien  

Über Jahrhunderte produzierten bildende Künstler auf Bali nur für lokale Fürsten und für den rituellen Bedarf innerhalb der Dorfgemeinschaft. In den 1920er Jahren begünstigte die Entdeckung Balis als „Künstlerparadies“ die Verwandlung der Insel in eine internationale Touristendestination. Die illustren Gäste der ersten Stunde – Künstler, Schauspieler, Anthropologen und begüterte Fernreisende – prägten das Bali-Bild späterer Generationen, nicht zuletzt, indem sie ein „Stück Bali“ zurück in ihr Ursprungsland brachten: Werke anonymer oder kaum über die Dorfgrenze bekannter Künstler, die aber mit Raffinesse gestaltet und mit jener Magie versehen waren, welche den westlichen Industrienationen abhanden gekommen war. Der steigende Bedarf an exotischen Souvenirs schuf rasch einen neuen Markt. Eine der ersten Vertriebsstellen für balinesische Kunst dieser Gattung wurde im legendären „Bali Hotel“ in Denpasar von der Österreicherin Helene Potjewyd (1872–1947) eröffnet. Die von ihr angebotenen Kunstobjekte – Malereien und Schnitzereien der damals talentiertesten Künstler Balis – waren von außerordentlicher Qualität. Eine Vielzahl davon wird in dieser Ausstellung präsentiert. Die Sammlung von Helene Potjewyd Das Museum für Völkerkunde besitzt ca. 600 Objekte aus der Sammlung von Helene Potjewyd, die sie 1946 dem Museum geschenkt hat. Ihre Lebensdaten waren bislang unbekannt und ihre Sammlung war wenig geordnet. Nach Recherchen von Dr. Werner Kraus, Vizepräsident der Walter Spies Gesellschaft, die er im Auftrag des Museums für Völkerkunde und der Botschaft der Republik Indonesien durchführte, konnte die Identität der Sammlerin gesichert und ihr Leben und Werk so gut wie möglich dargestellt werden. Helene Potjewyd wurde am 1. Juli 1872 in der heutigen Hauptstadt Indonesiens, Jakarta, als Helene Hirsch geboren. Sie heiratete Andreas Potjewyd, einen leitenden Verwaltungsangestellten in der Plantagenwirtschaft Nordsumatras. Andreas Potjewyd übernahm zu Beginn der 1930er Jahre die Stelle des Direktors des Bali Hotels in Denpasar, das 1928 eröffnet worden war und zum Hauptstützpunkt des sich entwickelnden Bali-Tourismus werden sollte.

Das Ehepaar Potjewyd, das bis dahin ein abgeschiedenes Leben in Nordsumatra geführt hatte, war plötzlich von Millionen-Erben wie Barbara Hutton, Schauspielern wie Charlie Chaplin und Schriftstellern wie Noel Coward und Vicki Baum umgeben. Gleichzeitig war das Bali Hotel auch Treffpunkt der in Bali lebenden westlichen Intellektuellen und Helene Potjewyd scheint den Kontakt der Mitglieder dieser Gruppe untereinander durch gelegentlich organisierte Dinner-Partys gefördert zu haben. Um ihren Gästen auch die Kultur der Insel erlebbar werden zu lassen bzw. um gute balinesische Tanz- und Musikgruppen für den Tourismus bereit zu stellen, wandten sich die Potjewyd an den deutschen Maler und Musiker Walter Spies (1895–1942), den besten Bali-Kenner seiner Zeit. Er sorgte dafür, dass die Gäste authentische balinesische Kunst genießen konnten und dass auf der anderen Seite die beteiligten balinesischen Künstler gut dafür entlohnt wurden.

Spies beriet Helene Potjewyd auch bei der Auswahl der künstlerischen Kommissionsware, die sie für den „Hotelshop“ besorgte. So kam es, dass nur die Werke der besten Maler und Schnitzer Balis im Hotel verkauft wurden, was die Qualität des balinesischen Kunstschaffens positiv beeinflusste. Dank dieser Beziehungen konnte Helene Potjewyd eine repräsentative Auswahl von Skulpturen und Zeichnungen der „neuen balinesischen Schule“ nach Österreich bringen. Unter ihnen befinden sich auch einige Meisterwerke von I Gusti Nyoman Lempad (1865–1978), einem der renommiertesten Künstler Balis, die hier zum ersten Mal ausgestellt werden. Die in dieser Ausstellung versammelten Blätter sind wohl zu seinen frühesten und besten zu zählen. Das gilt vor allem für die Serie von Illustrationen zu balinesischen Märchen, die Helene Potjewyd bei ihm in Auftrag gegeben hatte. Die hier gezeigte farbige Zeichnung Lempads ist die einzige dieser Art, die uns bekannt geworden ist. I Gusti Nyoman Lempad gilt heute als der größte Künstler, den Bali je hervorgebracht hat.

Als ihr Mann am 9. April 1935 verstarb, sah Helene Podjewyd keine Zukunft mehr für sich in der Kolonie (sie war bereits 63 Jahre alt) und entschied sich, nach Wien zu übersiedeln. Sie war ab 16. Dezember 1935 in Wien gemeldet und verstarb am 21. April 1947. Die lamak-Skizzen von Walter Spies Ein anderes Highlight der Ausstellung sind die kürzlich am Museum für Völkerkunde Wien wiederentdeckten lamak-Skizzen von Walter Spies. Lamak aus Palmblättern werden im Tempel aufgehängt und sind wenige Tage später dürres Material, das achtlos entsorgt wird. Die langwierige und komplizierte Herstellung eines lamak findet ihre Erfüllung in einem einzigen Augenblick – im Moment der Präsenz der Ahnen. Danach hat der Opferstreifen seine Aufgabe erfüllt und wird bedeutungslos. Kunst als Moment, als Möglichkeit der kurzen Berührung zwischen irdischer und himmlischer Sphäre, als Ort der Erneuerung des Kontraktes zwischen Menschen und Göttern, Lebenden und Verstorbenen, als Ort der Segnung. Für Walter Spies waren lamak die schönste und interessanteste Äußerung der balinesischen Volkskunst. Durch seine künstlerische Sensibilität nahm Spies früher und intensiver als andere Europäer die Besonderheit der lamak wahr. Dennoch gelang es ihm nicht, die Flüchtigkeit des Objekts wirklich ernst zu nehmen.

Es fiel ihm schwer, die Kurzlebigkeit eines lamak zu akzeptieren. Die Vergänglichkeit des Objekts, die für die Hersteller des Objekts eine zentrale Bedingung war, konnte sein Geist, der weiterhin ein abendländischer des Sammelns und des Ordnens war, nicht mittragen. Das Flüchtige musste gebannt, der Vergänglichkeit entrissen werden. Die Botschaft des lamak besteht darin, dass die Kraft eines Objektes oft nur in dem einen Augenblick liegt, in dem seine Herstellung ihre Erfüllung gefunden hat. Danach verliert dieses Objekt jeden Sinn und ist alleine dürre Materie. Walter Spies’ groß angelegte Sammlung von lamak-Ornamenten (mehr als 500 Motive), die trotz vieler Versuche leider nicht im Druck erschien, wurde nach seinem Tod in alle Winde zerstreut. Die in Wien entdeckten 43 Blätter sind das größte Teilkonvolut dieser Sammlung und deshalb von besonderem Wert. Die Zeichnungen der lamak-Ornamente von Walter Spies und diejenigen von I Gusti Nyoman Lempad, der inzwischen weltbekannt geworden ist, verdeutlichen den gemeinsamen Dialog zwischen balinesischen und europäischen Künstlern der 1920er und 30er Jahre auf dem Weg in die Moderne.

Tags: Bali, kultur, Kunst, Künstler, Leben, Maler