Bereits in der Sammlung Kaiser Rudolfs II. im ersten Jahrzehnt des 17. Jahrhunderts war ein Original mit seinem „Doppelgänger“ zu finden: Rudolfs Hofmaler Joseph Heintz d. Ä. hatte nach Parmigianinos 1535 entstandenem Bogenschnitzenden Amor eine Kopie gefertigt. Die beiden Bilder hingen lange Zeit nebeneinander in der kaiserlichen Schatzkammer in Wien und galten dort als besondere Sehenswürdigkeit. Bald rankten sich Mythen um die Gemälde, Heintz wäre gar aus Gram, dass seine Kopie die Kunstfertigkeit des Originals nie erreichen konnte, verstorben.Mit den „Doppelgängern“ lädt die Gemäldegalerie von 6.11.2012 bis 14.1.2013 zum genauen Hinschauen ein: Anhand ausgewählter Bilder und bisher kaum gezeigter Nachahmungen aus dem Galeriebestand wird die Frage um „Original und Kopie“ in seinen verschiedenen Facetten thematisiert. Damit soll der Besucher die Möglichkeit zur Überlegung erhalten, was ein Original von der Kopie unterscheidet, ob wir dabei z. B. Max Friedländers 1942 angestellten Vergleich des Originals mit einem „Organismus“ und der Kopie mit einer „Maschine“ heute noch nachvollziehen können. Von Interesse sind auch die unterschiedlichen Ansätze, die es beim Kopieren geben kann: Kopiert die Werkstatt eines Künstlers anders als jemand, der Jahrhunderte später das Original nachmachen will? Wird eine Kopie, die zu Dokumentationszwecken angefertigt wird, differenzierter ausgeführt als eine, die sich rein künstlerisch mit dem Vorbild auseinander setzt? Welche Freiheiten kann sich ein Kopist herausnehmen? Wozu macht jemand überhaupt eine Kopie?
In den Sälen I, III, XII und XV sowie den Kabinetten 2 und 14 sind Meisterwerke von Tizian, Tintoretto, Parmigianino sowie von Albrecht Dürer, Jan Sanders van Hemessen und Jan Brueghel d. Ä. gemeinsam mit ihren „Doppelgängern“ ausgestellt. Dabei sind Original und Kopie vor Ort nicht als solche gekennzeichnet, sondern sollen vom Besucher erkannt werden. Die Entschlüsselung zu allen Beispielen befindet sich im Saal XII.