MF 30 Papagei-Anhänger Gold, Diamanten, Rubine, Perlen Süddeutsch, um 1560-1570 © Schmuckmuseum Pforzheim Schenkung Werner Wild Stiftung Foto Günther Meyer MF 30 Papagei-Anhänger Gold, Diamanten, Rubine, Perlen Süddeutsch, um 1560-1570 © Schmuckmuseum Pforzheim Schenkung Werner Wild Stiftung Foto Günther Meyer - Mit freundlicher Genehmigung von: schmuckmuseum

Wer: schmuckmuseum

Was: Ausstellung

Wann: 21.03.2014 - 22.06.2014

Tiere gehören zu den frühen Motiven im Schmuck. Es gibt sie in fast jeder Epoche, in unterschiedlichen Formen und Bedeutungen. Ob es die Köpfe einer Wildkatze an einem persischen Armreif von vor 2.700 Jahren sind, deren Zauber Einfluss auf den Jäger nehmen sollte, oder Liebesvögel in Form von Täubchenohrschmuck in der Antike; ob ein Jagdhundanhänger aus der Renaissance als…
Tiere gehören zu den frühen Motiven im Schmuck. Es gibt sie in fast jeder Epoche, in unterschiedlichen Formen und Bedeutungen. Ob es die Köpfe einer Wildkatze an einem persischen Armreif von vor 2.700 Jahren sind, deren Zauber Einfluss auf den Jäger nehmen sollte, oder Liebesvögel in Form von Täubchenohrschmuck in der Antike; ob ein Jagdhundanhänger aus der Renaissance als Symbol der Treue oder eine für die damalige Zeit exotische Insektenbrosche aus dem Jugendstil, ob Phantasie- und Mischwesen oder zeitgenössische Arbeiten wie Käferbroschen von Georg Dobler. Mit rund 120 Objekten aus der eigenen Sammlung zeigt die Ausstellung die Vielfalt von Tiermotiven im Schmuck in den vergangenen 5.000 Jahren. Im Dialog zu »Höllenhund und Liebestaube« widmet sich die Pforzheim Galerie der Rezeption von Tieren in der Kunst.

Fast 300 Tiere »bevölkern« das Schmuckmuseum Pforzheim, manche klein und erst auf den zweiten Blick zu finden, während andere als eigenständiges Schmuckstück unübersehbar sind. »Das Thema ist von breitem Interesse. Nicht zuletzt nach der Ausstellung über die Schlange im Schmuck 2010 war es naheliegend, sich weiteren Tierarten zuzuwenden und der Frage nachzugehen, welche Vorläufer und Wegbereiter es dafür in der Kunstgeschichte gegeben hat«, erläutert Museumsleiterin und Kuratorin Cornelie Holzach, wie es zu der Ausstellung kam. »Dass Tiermotive im Trend liegen, zeigen auch die Kollektionen großer Juweliere.« In der Schau geht es auch um Phantasie- und Mischwesen, die die Schmuckgeschichte seit jeher begleiten.

In der Frühgeschichte der Menschheit wohnt Tierdarstellungen oft der Wunsch inne, Gefahren, die von wilden Tieren ausgehen, zu bannen. Zugleich möchte man sich die Kräfte dieser machtvollen Wesen aneignen. In Schmuckstücken spiegelt sich dies beispielsweise in einem Armreif wider, bei dem mehrere Raubkatzenköpfe fast abstrakt dargestellt aneinandergereiht sind. Dieses Stück soll seinen Träger in die Lage versetzen, mit der Kraft und dem Mut der Raubkatze kämpfen zu können. Gerade frühem Schmuck sind es fast ausschließlich Tierarten, die sich entweder durch ihre Gefährlichkeit für Mensch und Tier auszeichnen oder per se kraft- und machtvoll sind. So finden sich Ringe mit Steinbock oder Hirschköpfen, und die schon erwähnten Raubkatzen wie Löwen und Panther tauchen als Anhänger oder Armreife auf. Besonders prächtige Exemplare sind zwei Armreife mit Widderköpfen, ein sehr beliebtes Motiv in der Antike.

Unübersehbar auch in seiner handwerklich hochstehenden Ausarbeitung ist der hellenistische Schlangenarmreif aus der Sammlung des Schmuckmuseums. Die Bedeutung der Schlange ist in der Antike noch durchweg positiv, sie steht für Klugheit und Treue. Dies zeigt sich auch in den vielen Varianten als Schmuckstück, ob Armreife und Ringe, die sich mehr oder weniger ausgeformt um Finger und Oberarme griechischer und römischer Damen schlängelten. Mit dem Christentum wird ihre Bedeutung ambivalent und deutlich negativ belegt. So ist es verständlich, dass sie bis ins 19.Jahrhundert hinein kaum mehr in Schmuckstücken auftaucht.

Andere Tiere, die sich weniger durch ihre Stärke hervortun als durch ihre Zartheit oder Schönheit, sind Tauben, die schon in der vorchristlichen Antike als Symbol für Liebe und Unschuld galten. Ein Ohrringpaar mit je einer sehr lebensnah dargestellten Taube belegt dies in eindrücklicher Form. Dass sich dieses Symbol der Liebe bis in die Neuzeit nachverfolgen lässt, bezeugen unzählige Liebesgaben, die mit turtelnden Täubchen dekoriert sind.

Ein Tier, das seit der ägyptischen Kultur bis in das 21. Jahrhundert »gekrabbelt« ist, findet sich im Skarabäus. Einst als Versinnbildlichung des Sonnengottes Ra taucht er in der griechischen Antike auf. Im Schmuckmuseum ist ein Ring zu sehen, der die altägyptische Bedeutung mit der der griechischen Gottheiten verbindet. Im 19. Jahrhundert mit der »ägyptischen Mode« und im Historismus ist er beliebtes Motiv, und im 20. Jahrhundert finden Jugendstilkünstler Gefallen an diesem prächtigen Insekt. Darauf Bezug nehmend, widmet sich der Schmuckkünstler Georg Dobler im zeitgenössischen Schmuck des 21. Jahrhunderts dem Thema, indem er die Schmuckstücke René Laliques für sich entdeckt.

In Antike, spätem Mittelalter oder 19. Jahrhundert finden sich zudem immer wieder auch Mischwesen und Schimären.

Gibt es tierarme und tierreiche Epochen im Schmuck, so gehört die Renaissance gewiss zu den reicheren. Zwei exzellente Beispiele aus der Sammlung des Schmuckmuseums bilden Höhepunkte in der Ausstellung: zum einen ein Anhänger mit der Darstellung eines Jagdhundes, zum anderen und noch prächtiger ein Anhänger in Form eines Papageis. Beide sind geradezu naturalistisch dargestellt. Dies resultiert aus einer genauen Naturbeobachtung in Verbindung mit handwerklicher Perfektion. Zugleich darf es nicht darüber hinwegtäuschen, dass Tierdarstellungen in der Renaissance, wie auch schon im Mittelalter, immer die Verbildlichung von Eigenschaften oder Wunschvorstellungen waren. So ist der Hund das Sinnbild für Treue in der Freundschaft. Die Bedeutung einer solchen Gabe war — sollte der Anhänger verschenkt worden sein — dem Beschenkten sehr wohl bekannt. Noch symbolträchtiger kommt der Papageienanhänger daher, bei dem es sich um ein Hochzeitsgeschenk handelt. Da diese Vögel sich einen Partner fürs Leben wählen, stehen sie für eheliche Treue. Der Papagei ist in diesem Anhänger von weiteren Tieren umgeben: Ein weißes Kaninchen symbolisiert Hoffnung auf zahlreiche Nachkommenschaft, die Biene Emsigkeit und die Schnecke Häuslichkeit. Des weiteren deuten auch blütenreiche Zweige auf Fruchtbarkeit hin – all das in großer Farbenpracht mit Gold, Diamanten, Rubinen und Perlen.

Die letzte große Epoche der Tiersymbole ist der Jugendstil, der sinnlichen Freude an der Natur in jenen Jahren entsprechend. Ob René Lalique, Georges Fouquet und Léopold Gautrait in Frankreich oder Lucas Wilhelm von Cranach in Deutschland, bei ihnen allen finden sich häufig Tiere. Mit dem Symboltier des Art Nouveau par Excellence, dem Pfau, gibt es sowohl von Lalique als auch Gautrait einen Anhänger. Lalique greift zudem vielfach Insekten auf, wie in seinem Halsschmuck »Skarabäen«. Ein ausgesprochen extravagantes Kleinod ist der Brustschmuck »Poisson« von Georges Fouquet, während Cranach in dem Anhänger »Oktopus und Schmetterling« zwei sehr unterschiedliche Wesen zueinanderbringt.

Auch im zeitgenössischen Schmuck entdecken Künstler die Tierwelt wieder für sich, nun aber ohne symbolische Metaebene. Neben Georg Dobler sind dies beispielsweise Robert Smit mit einem Porträtzyklus über seinen Hund »Bello« oder David Bielander. Mit der Brosche »Perlsau« nähert er sich dem Thema auf zweideutige und ironische Weise.

Inv. Nr. KV 42 Brosche Silber, z.T. vergoldet A. Winter und Sohn (?) Karlsruhe, um 1870/80 © Schmuckmuseum Pforzheim Foto Petra Jaschke Inv. Nr. KV 42 Brosche Silber, z.T. vergoldet A. Winter und Sohn (?) Karlsruhe, um 1870/80 © Schmuckmuseum Pforzheim Foto Petra Jaschke - Mit freundlicher Genehmigung von: schmuckmuseum
Tags: Anhänger, Antike, Armreifen, Brosche, Diamanten, Gold, Renaissance, Rubine, Schmuck, Smaragde, Tiere, Zeitgenössische Kunst

Öffnungszeiten des Schmuckmuseums Pforzheim Di bis So und feiertags 10 bis 17 Uhr (außer Hl. Abend und Silvester)| Eintritt in die Dauerausstellung 3,00 €, ermäßigt 1,50 €, z.B. mit der SWR2-Kulturkarte, bis 14 Jahre und mit Oberrheinischem Museumspass frei | Gruppenführungen auf Anfrage | Öffentliche Führung durch die Dauerausstellung sonntags 15 Uhr, 5 €, ermäßigt 3,50 € | Partner von Kulturland Baden-Württemberg | Medien- bzw. Kulturpartner des Schmuckmuseums sind Pforzheimer Zeitung und SWR2 | Weitere Informationen unter www.schmuckmuseum.de