Frankfurt am Main, 19. Mai 2014. Das Frankfurter Städel Museum zeigt vom 4. Juni bis zum 14. September 2014 eine hochkarätige Auswahl niederländischer Druckgrafiken aus dem späten 16. und frühen 17. Jahrhundert. Im Mittelpunkt der Sonderausstellung stehen etwa 65 Werke des Künstlers Hendrick Goltzius (1558– 1617), eines der virtuosesten Zeichner und Druckgrafiker um 1600. Sein Œuvre zeichnet sich durch hochgebildete und gesucht komplexe Inhalte sowie eine extrem stilisierte Formgebung aus und erlangte dank internationaler Verbreitung seiner Kupferstiche in ganz Europa Berühmtheit. Insgesamt präsentiert die Ausstellung „Stil und Vollendung. Hendrick Goltzius und die manieristische Druckgrafik in Holland“ rund 100 Druckgrafiken und vier ergänzende Zeichnungen aus dem Bestand des Städel Museums in der Ausstellungshalle der Graphischen Sammlung. Neben zentralen Arbeiten von Goltzius sind mit Jan Harmensz. Muller (1571–1628), Jan Saenredam (1565–1607), Jacques de Gheyn II. (1565–1629) und Jacob Matham (1571–1631) wichtige Künstler aus seinem Umkreis vertreten.Durch die Arbeiten nach Spranger wurde Hendrick Goltzius zur internationalen Berühmtheit; sein Verlag produzierte die inhaltlich und technisch hochwertigsten Grafiken seiner Zeit. Den Spranger’schen Stil gab er selbst zwar nach wenigen Jahren wieder auf, dessen übereleganten Manierismus führte jedoch Goltzius’ Schüler Jan Harmensz. Muller weiter, der die kunstvolle grafische Sprache noch steigerte, etwa mit schillernden Moiré-Effekten in den Schraffuren. Goltzius, der immer wieder mit neuen Techniken und Formen experimentierte – so zum Beispiel mit dem Farb- oder Helldunkel-Holzschnitt – wandte sich durch die Eindrücke einer Italienreise in den Jahren 1590 und 1591 einer beruhigteren, klaren, an Antike und italienischer Renaissance geschulten Formensprache zu. Beispiel dafür sind die großen Kupferstiche nach antiken Skulpturen wie der Herkules Farnese von 1592. In den 1590er-Jahren trat zudem eine intensive Auseinandersetzung mit den alten Meistern in den Vordergrund; besonders beschäftigte sich Goltzius mit der Druckgrafik von Albrecht Dürer und Lucas van Leyden. Mit seinen sogenannten „Meisterstichen“ suchte der Niederländer vor dem Hintergrund der „Aemulatio“ – des Nachahmens und Übertreffens der Vorbilder – seinen Rang als den großen Meistern ebenbürtiger, ihnen sogar überlegener Künstler zu demonstrieren. Neben den selbst gestochenen, oft programmatischen Druckgrafiken dieser Zeit ließ er seine einfallsreichen Kompositionen hauptsächlich von Werkstattmitarbeitern, vor allem Jacob Matham und Jan Saenredam, ausführen. Um 1600 überließ Goltzius die Führung des Verlags seinem Stiefsohn Jacob Matham, gab die Beschäftigung mit der Druckgrafik auf und konzentrierte sich bis zu seinem Tod 1617 auf das Malen.
Die Graphische Sammlung im Städel Museum kann das druckgrafische Werk von Goltzius und seinem Umkreis umfassend aus dem eigenen, sehr guten Bestand vorstellen. Die im Städel Museum bewahrten Werke gehen zu einem Teil auf die Gründungssammlungen des Instituts von Johann Friedrich Städel (1728–1816) und Johann Georg Grambs (1756–1817), des ersten Administrationsvorsitzenden der Stiftung, zurück. Sie wurden im 19. Jahrhundert zielgerichtet durch Johann David Passavant (1787–1861), den Leiter der Städelschen Sammlungen, ergänzt. Ein Teider Grafiken stammt ferner aus dem Nachlass des Senators Johann Karl Brönner (1738–1812), eines Zeitgenossen von Städel. Neben ausgezeichneten Exemplaren der wichtigsten Kupferstiche und Holzschnitte von Hendrick Goltzius verfügt die Graphische Sammlung auch über seltene Probedrucke von Jan Muller, die einen aufschlussreichen Einblick in die Arbeitstechnik der Kupferstecher geben. Einige Zeichnungen von Goltzius, ebenfalls aus den eigenen Beständen des Städel, ergänzen die Präsentation.
„Stil und Vollendung. Hendrick Goltzius und die manieristische Druckgraphik in Holland“ knüpft an frühere Ausstellungen zur alten Druckgrafik an, die im Städel Museum gezeigt werden konnten. Die Werke von Goltzius schließen kunsthistorisch eine Lücke zwischen den Druckgrafiken des frühen 16. Jahrhunderts, so des in den Niederlanden sehr einflussreichen Lucas van Leyden (ausgestellt 2006) oder denen von Albrecht Dürer (ausgestellt 2007), und den Druckgrafiken des 17. Jahrhunderts, etwa von Jacques Callot (ausgestellt 2002), Rembrandt (ausgestellt 2003 und 2013) oder Claude Lorrain (ausgestellt 2012). Ziel dieser Ausstellungen – so auch der gegenwärtigen – ist es, die Besucher des Städel Museums mit den technischen Besonderheiten, den spezifischen gestalterischen Bedingungen und Möglichkeiten, der individuellen und gesellschaftlichen Funktion, den Qualitätsmerkmalen, kurz: mit der Bedeutung und der Schönheit des Bildmediums Druckgrafik vertraut zu machen.