Der philosophische Nachlass Ludwig Wittgensteins ist in die Liste des UNESCO-Weltdokumentenerbes aufgenommen worden. Im Rahmen eines Festaktes wurde heute die Urkunde an Generaldirektorin Dr. Johanna Rachinger überreicht. Der Wittgenstein-Nachlass ist bereits die achte erfolgreiche Nominierung der Österreichischen Nationalbibliothek für die "Memory of the World"-Liste der UNESCO.Nachlass Ludwig WittgensteinLudwig Wittgenstein (1889–1951) zählt heute zu den bedeutendsten und einflussreichsten Philosophen des 20. Jahrhunderts. Da er außer dem berühmten "Tractatus Logico-Philosophicus" zu Lebzeiten nichts publizierte, ist es sein rund 20.000 Seiten umfassender philosophischer Nachlass, der sein Gesamtwerk auf beeindruckende Weise dokumentiert.
Die Österreichische Nationalbibliothek besitzt einen wichtigen Teil dieses Nachlasses, darunter die Urfassung der "Philosophischen Untersuchungen" und zwei Originaltyposkripte des "Tractatus". Der größte Teil an Originalmanuskripten befindet sich heute im Trinity College (Cambridge), kleinere Teile auch in der Bodleian Library (Oxford), der McMaster University Library (Kanada) und dem Noord Hollands Archief (Niederlande). Alle genannten Institutionen haben den Nachlass gemeinsam für die Nominierung bei der UNESCO eingereicht.
Wertvolle Originale dieses Bestandes sind ab 22. März 2018 im Literaturmuseum der Österreichischen Nationalbibliothek zu sehen. Im Rahmen der neuen Sonderausstellung "Berg, Wittgenstein, Zuckerkandl: Zentralfiguren der Wiener Moderne" wird etwa das so genannte "Gmunden Typoskript" erstmal öffentlich ausgestellt, eines der Originaltyposkripte des später als "Tractatus Logico-Philosophicus" berühmt gewordenen Werks. Dieses Typoskript ist wie zahlreiche andere Werke aus dem Nachlass bereits digitalisiert und über den Onlinekatalog der Bibliothek abrufbar.
FestaktGemeinsam mit dem Nachlass Ludwig Wittgensteins wurde auch der Dokumentenbestand zum Bau der Semmeringbahn im Technischen Museum Wien ausgezeichnet. Im Rahmen eines Festaktes im dortigen Festsaal überreichte Mag. Gabriele Eschig, Generalsekretärin der Österreichischen UNESCO-Kommission, am 15. Jänner 2018 die Urkunden an Dr. Johanna Rachinger, Generaldirektorin der Österreichischen Nationalbibliothek, und Dr. Gabriele Zuna-Kratky, Generaldirektorin des Technischen Museums Wien.
UNESCO-WeltdokumentenerbeKulturgeschichtlich einzigartige Dokumente, die exemplarisch das kollektive Gedächtnis der Menschheit repräsentieren, werden seit 1992 von der UNESCO im "Memory of the World"-Programm mit dem Titel "Weltdokumentenerbe" ausgezeichnet. Unter den derzeit 427 Eintragungen im Weltregister finden sich 15 österreichische Nominierungen, acht davon stammen aus den Beständen der Österreichischen Nationalbibliothek. Sie verwahrt damit den größten Bestand an Welterbe-Dokumenten des Landes. Die vollständige Liste ist über die Website der Bibliothek abrufbar.