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Was: Presse

Wann: 27.11.2018

Er konnte Steine zum Sprechen bringen, ja, mehr noch, er konnte die Steine erzählen lassen, von barocken Steinmetzen und Bildhauern, von längst vergessenen historischen Maßeinheiten wie dem rheinischen Fuß, aber vor allem von Mythen- und Göttergestalten, die am Berliner Schloss über den Portalen und an der Kuppel aufgestellt waren und unter seiner sachkundigen Leitung…
Er konnte Steine zum Sprechen bringen, ja, mehr noch, er konnte die Steine erzählen lassen, von barocken Steinmetzen und Bildhauern, von längst vergessenen historischen Maßeinheiten wie dem rheinischen Fuß, aber vor allem von Mythen- und Göttergestalten, die am Berliner Schloss über den Portalen und an der Kuppel aufgestellt waren und unter seiner sachkundigen Leitung wieder entstanden.

Nach der Ausbildung als Stuckateur und Bildhauer, noch längst in der DDR, kamen schon bald sehr anspruchsvolle Aufgaben auf Bertold Just zu, am Gendarmenmarkt in Berlin bei dem Wiederaufbau des Schinkelschen Schauspielhauses zum Konzerthaus Berlin und am Deutschen und Französischen Dom, bis er Anfang 2000 Werkstattleiter der Gipsformerei der Staatlichen Museen zu Berlin in der Sophie-Charlotten-Straße wurde.

Dort hat er unter vielen anderen Abgüssen auch zwei international wichtige Projekte umgesetzt: Frankreich ließ 2009 zum ersten Mal seit dem Zweiten Weltkrieg durch deutsche Kollegen die Abformung von sechs Konsolen aus dem Eingangsbereich der Kathedrale de Notre Dame im französischen Noyon vornehmen, fachlich unter der Leitung von Bertold Just. Ein Jahr später 2010 erhielt die Gipsformerei wiederum einen besonderen Auftrag von der iranischen Botschaft in Paris. Ein großer Teil der Prozessionsstraße des Ischtar-Tores wurde unter der Federführung von Bertold Just in einer originalgetreuen farblichen Fassung in Berlin gefertigt und in der Botschaft in Paris aufgebaut.

Von der Gipsformerei hat ihn dann 2011 die Stiftung Humboldt Forum im Berliner Schloss sozusagen ausgeliehen, denn Fachleute wie ihn fand man nicht auf der Straße. Zudem bot sich hier eine erste und sehr tragfähige Kooperation der Schloss-Stiftung mit den Staatlichen Museen an, die für beide Seiten sehr fruchtbar war. Man kann sicher sagen, dass Bertold Just diese Aufgabe, die Fertigung des sehr umfangreichen und vielgestaltigen barocken Bauschmucks aus Sandstein an den zu rekonstruierenden historischen Fassaden des Berliner Schlosses zu beaufsichtigen, zu steuern, und mit seinen wachen Augen ästhetisch sicher und souverän zu koordinieren, wirklich sehr gern übernommen hat.

Das begann mit der Beratung bei der Ausschreibung des Sandsteins, der schließlich aus Brüchen im Elbsandsteingebirge und in Schlesien passend gewonnen wurde. Das ging weiter mit der unermüdlichen Suche nach geeigneten Abbildungen und soweit vorhanden Fotoaufnahmen zu den vielen Ornamenten, Bukranien, Kartuschen und Skulpturen an den Schlossfassaden, die ja oftmals aus dem Nichts aber mit überzeugendem kunsthistorischem Wissen wieder erschaffen werden mussten. Bertold Just baute die Schlossbauhütte in Spandau zu einer beeindruckenden Werkstatt für diese große Aufgabe auf und begrüßte dort viele Spender für die Fassaden zwischen den noch originalen Skulpturen, die dort restauriert wurden und den riesigen Gipsmodellen, die als Vorlage für die Sandsteinoriginale dienen.

Egal ob er einem Kunstwissenschaftler oder einem Kind etwas erklärte – immer war es voll Leidenschaft und Liebe zu seinem Handwerk, zu seiner Kunst. Vor allem aber beriet er fachlich seine Mitstreiter in den Schauern und Werkstattecken bei der Herstellung der Sandsteinskulpturen, die nun an den Schlossfassaden für uns, seine Kolleginnen und Kollegen, immer mit seinem Namen verbunden sein werden. Bertold Just war ein akribischer Arbeiter und guter Organisator. Die Restaurierung und Einbringung von Exponaten für den Skulpturensaal oder den archäologischen Keller des Humboldt Forums hat er zeit- und qualitätsgerecht organisiert. Nie war ihm ein Weg zu weit oder eine Diskussion zu schwierig.

Die am meisten faszinierende Fähigkeit von Bertold Just bestand darin, mit dem Architekten, mit Kunsthistorikern und mit den beteiligten Handwerkern und Steinmetzen aber genauso mit den Maurern und Arbeitern auf der Baustelle immer freundlich direkt und nie mit lauten Worten mit seinem eigenen „handwerklichen Verstand“ und profundem kunsthistorischen Hintergrundwissen stets überzeugend vermitteln zu können.

Das wird uns allen am meisten fehlen, das Wesen, die Menschlichkeit und Freundlichkeit dieses Meisters seines Fachs. Das wird auch immer unersetzlich bleiben. Er hat unsere Herzen berührt. Sein Werk wird in der Zukunft die Herzen vieler Menschen berühren. Sein Mitwirken an der Wiedererschaffung des barocken Schlosses wird ewig mit seinem Namen verbunden bleiben.

Vorstand und MitarbeiterInnen derStiftung Humboldt Forum im Berliner Schloss

Tags: Bertold Just, Bildhauerkunst, Steinmetze

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