Die Österreichischen Nationalbibliothek verwahrt unter ihren umfangreichen Schätzen auch das Musikarchiv Kaiser Karls VI. (1685–1740), dem letzten der "musizierenden Barockkaiser". Dieses umfasst handschriftliche, unikale Partituren von Opern, Oratorien und andere Werke aus der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts. Mehr als 440 Werke mit insgesamt mehr als 120.000 Seiten wurden nun digitalisiert und sind über den Online-Katalog der Österreichischen Nationalbibliothek und über das eigene Portal "Biblioteca Carolina Digital" unter www.onb.ac.at/carolina abrufbar.Der Bestand der sogenannten "Biblioteca carolina" setzt sich zu jeweils der Hälfte aus weltlichen Werken der Opernbühne und aus Werken im religiösen Kontext wie Messen, Oratorien und geistlichen Kantaten zusammen. Die gesamte Sammlung besteht aus ungefähr 70 Regalmetern handschriftlicher Kompositionen, die übereinander gestapelt das Wiener Riesenrad überragen würden. Beim Großteil dieser Werke handelt es sich um Unikate, die nun durch ihre Digitalisierung weltweit zugänglich sind. Das eröffnet viele neue Möglichkeiten für Forschung und Musikpraxis.
Im Rahmen des von den Österreichischen Lotterien großzügig gesponserten Projektes konnte jetzt der weltliche Teil der Sammlung digitalisiert werden. Dieser beinhaltet Opern und Kantaten für besondere Anlässe wie Geburts- und Festtage von Mitgliedern der kaiserlichen Familie oder wichtigen politischen Ereignissen wie Krönungszeremonien. In den kommenden Jahren sollen auch die Noten zu Sakralmusik wie Oratorien oder Messen online zugänglich gemacht werden.
Kaiser Karl VI. gilt als letzter der von der Nachwelt sogenannten "musizierenden Barockkaiser". Nach einer gründlichen musikalischen Ausbildung galt er als versierter Cembalist und leitete zahlreiche Aufführungen von Opern und Oratorien persönlich. Dieses vielfältige Musikleben fand seinen Niederschlag in ca. 2.000 handschriftlichen Partiturbänden. Sie repräsentieren als künstlerisches Gesamtwerk das österreichische Opern- und Oratorienschaffen des Spätbarocks.
Überwiegend in braunes Leder gebunden, stammen die Partituren von Komponisten, die hohe Funktionen am kaiserlichen Hof innehatten oder diese angestrebt haben. Dazu zählen beispielsweise Johann Joseph Fux, Antonio Caldara und Francesco Conti.