Ein Renaissance-Schiffspokal aus dem Regensburger Silberfund von 1869Am 26. Februar 1869 stießen Handwerker beim Abriss eines Regensburger Patrizierhauses auf einen spektakulären Fund. Unter den Treppenstufen entdeckten sie eine Holztruhe, die kostbare Silberobjekte aus der Renaissance enthielt. Der Kaufmann Georg Hoffmann hatte sie um 1630 während der Wirren des Dreißigjährigen Krieges dort verborgen. Unter den wertvollen Stücken befanden sich zwanzig vergoldete Trinkgefäße von herausragender Qualität.
Der als „Regensburger Silberfund“ bekannt gewordene Schatz sorgte über lange Zeit für Schlagzeilen. Zwei Kunsthistoriker inventarisierten die Objekte, während großformatige Albuminabzüge der Akelei- und Traubenpokale, der Deckelhumpen und Scherzgefäße für 30 Kreutzer pro Stück verkauft wurden. Eine zehntägige Ausstellung des Schatzes im Regensburger Rathaus zog über 5.400 zahlende Besucher an. Das Eintrittsgeld von sechs Kreutzern kam bedürftigen Bürgern der Stadt zugute.
Der Eigentümer des mittlerweile abgetragenen Patrizierhauses veräußerte den gesamten Fund im darauffolgenden Jahr an den Leipziger Sammler Eugen Felix. Mehr als ein Jahrzehnt später gelangten einige Stücke aus dessen Besitz auf den Kunstmarkt. Heute befinden sich ein früher Regensburger Doppelpokal, ein Augsburger Deckelhumpen und ein Jungfrauenbecher in der Sammlung des Metropolitan Museum of Art in New York.
Ein bedeutender Teil der Sammlung wurde 1886 bei J. M. Herberle (H. Lempertz Söhne) in Köln versteigert, darunter ein vergoldeter Schiffspokal, gefertigt um 1620 von dem Nürnberger Meister Tobias Wolff. Dieser Pokal, im Inventar von 1869 unter Nummer 5 erfasst, wird nun – 139 Jahre nach der ersten Versteigerung – am 16. Mai erneut bei Lempertz angeboten.
„Eine Tafelzierde in Form einer Goelette (Segelschiff) mit geschwellten Segeln und Schiffstauen, darin bewaffnete Bemannung, stellenweise emaillirt (…)“
Dank der frühen Fotografien aus dem Jahr der Entdeckung konnte der Pokal zweifelsfrei identifiziert und dem Regensburger Silberfund zugeordnet werden.
Schiffspokale erfreuten sich um 1600 großer Beliebtheit. Sie symbolisierten eine Schicksalsgemeinschaft oder den unternehmerischen Wagemut jener Zeit. Gleichzeitig veranschaulichen sie die Mittel, mit denen europäische Kaufleute – insbesondere in Handelsstädten wie Nürnberg – durch weltweiten Handel zu Reichtum gelangten.
Tobias Wolff, ursprünglich aus Berlin stammend, ließ sich in Nürnberg nieder und bestand dort 1604 die Meisterprüfung. In den folgenden Jahren spezialisierte er sich zunehmend auf die Fertigung von Schiffspokalen. Werke seiner Hand befinden sich heute in bedeutenden Museen wie dem Metropolitan Museum of Art, der Eremitage in St. Petersburg und dem Victoria & Albert Museum in London.
Sein prachtvoller Schiffspokal aus dem Regensburger Silberfund wird am 16. Mai in Köln aus deutschem Privatbesitz versteigert. Der Schätzpreis liegt zwischen 100.000 und 120.000 Euro.
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