Seit Gerhard Richter im Jahr 2013 anlässlich einer Ausstellung in Dresden angekündigt hat, sich nach dem Schaffen von Gemälden von höchster Abstraktion wieder der gegenständlichen Malerei zuwenden zu wollen, haben viele Kunstliebhaber, Kritiker, Kuratoren und Sammler diesem Bereich der Malerei vermehrt Aufmerksamkeit geschenkt, zählt Richter doch zu den berühmtesten und einflussreichsten zeitgenössischen Künstlern der Welt. „Das Gegenständliche kommt sicher wieder“, wird der heute 86-Jährige zitiert. Der zuletzt teuerste noch lebende Maler hat damit wohl eine wichtige Zeitströmung erkannt und auf den Punkt gebracht.Jene Künstlerinnen und Künstler, die wir im Rahmen der diesjährigen Herbstausstellung in unseren Galerieräumlichkeiten präsentieren, können als wichtige Pioniere dieser Kunstauffassung gesehen werden, schufen sie doch gegenständliche Meisterwerke schon in den vergangenen Jahrzehnten, als Abstraktion und Konzeptkunst die vorherrschenden Dogmen waren und gegenständliche Malerei in altmeisterlicher Technik weitgehend als Anachronismus galt.
De Es Schwertbergers Gemälde etwa entstanden bereits in den 1960er Jahren, wirken aber angesichts zunehmender Digitalisierung unseres Lebensumfeldes hochaktuell, thematisieren sie doch die zunehmende Ablöse biologischer durch künstliche Intelligenz. Anton Kitzmüllers Arbeiten dagegen stammen aus dessen jüngsten Zyklus. Doch auch Kitzmüller widmet sich seit Jahrzehnten einer gegenständlichen Malerei, die Elemente der italienischen Pittura Metafisica (Metaphysische Malerei) mit Aspekten der Neuen Sachlichkeit verquickt. Bei Franziska Maderthaner steht ein Gemälde aus dem Jahr 2003 rezenten Arbeiten gegenüber, was spannende Einblicke in die künstlerische Entwicklung dieser wichtigen österreichischen Malerin gewährt. Im Werk von Helmut Ditsch ist es nicht nur der Naturalismus, der imponiert, sondern die emotionale Erfahrungsdimension, die sich dem Betrachter kraft exzellenter künstlerischer Übersetzung erschließt. Peter Proksch wiederum thematisiert seinen schöpferischen Animus, die innige Verbindung zwischen Maler und Muse. Und wenn Josef Bramer tage- und wochenlang an einem Aquarell oder Ölgemälde arbeitet, dabei hunderttausende feinste Pinselstriche malt und so Werke von stiller Intensität entstehen lässt, dann sind Geduld und Ausdauer auch durchaus als Kritik an unserer so hektisch gewordenen Zeit zu verstehen.
Beim Durchblättern des Kataloges werden Sie erkennen, dass alle hier gezeigten Künstler – von Hans Robert Pippal über Franz Politzer bis hin zu Mimi Staneva – über einen prägnanten Stil verfügen, der sich jeweils deutlich von den anderen unterscheidet. Trotzdem verbindet sie alle die konsequente gegenständliche Ausführung, die zur Kontemplation einlädt. Aristoteles definierte Kontemplation in seiner Ethik als: „… das Tätig-Sein des Geistes, ein Akt des Schauens, das durch seine ernste Würde sich auszeichnend, nach keinem außerhalb gelegenen Ziele strebt, überdies vollendete Lust – die ihrerseits wieder die Tätigkeit intensiviert – wesensgemäß in sich schließt; und wenn das Sich-Selbst-Genügende, das In-Sich-Ruhende und, innerhalb der menschlichen Grenzen, das Unermüdliche und alles, was sonst noch dem Menschen auf der Höhe des Glücks zugeschrieben wird, an diesem Tätig-Sein in Erscheinung tritt, so folgt, dass dieses Tätig-Sein das Glück des Menschen in Vollendung darstellt.“
Wir wünschen Ihnen also erfüllte Momente in der Betrachtung der Kunstwerke im Rahmen der Ausstellung, deren Ziel die neuerliche Hinwendung zu Natur und Mensch ist, ein gereinigtes „Neu-Sehen“.
Brigitte, Gerlinde, Julia, Horst und Wolfgang Szaal