Plakat der Ausstellung „Fischer von Erlach und der Prunksaal des Kaisers“ – © Österreichische Nationalbibliothek Plakat der Ausstellung „Fischer von Erlach und der Prunksaal des Kaisers“ – © Österreichische Nationalbibliothek - Mit freundlicher Genehmigung von: onbwien

Was: Ausstellung

Wann: 12.01.2023 - 15.03.2023

Der Prunksaal im eindrucksvollen barocken Bibliotheksgebäude am Josefsplatz ist der historische Kern der Österreichischen Nationalbibliothek. Sein Schöpfer Johann Bernhard Fischer von Erlach verstarb vor 300 Jahren, 1723, dem Jahr des Baubeginns der kaiserlichen Bibliothek. Beide Jubiläen nimmt die Österreichische Nationalbibliothek nun zum Anlass, mit einer Schau im neu…
Der Prunksaal im eindrucksvollen barocken Bibliotheksgebäude am Josefsplatz ist der historische Kern der Österreichischen Nationalbibliothek. Sein Schöpfer Johann Bernhard Fischer von Erlach verstarb vor 300 Jahren, 1723, dem Jahr des Baubeginns der kaiserlichen Bibliothek. Beide Jubiläen nimmt die Österreichische Nationalbibliothek nun zum Anlass, mit einer Schau im neu restaurierten Prunksaal an den berühmten Barockarchitekten und sein spätes Meisterwerk zu erinnern.

Die Sonderausstellung vom 12. Jänner bis 5. März 2023 spürt der Vor- und Entstehungsgeschichte dieses Gesamtkunstwerkes nach und gibt zum Teil durch noch nie zuvor in diesem Kontext ausgestellte Original-Handschriften, monumentale Stichwerke, Pläne und Skizzen Einblicke in den planerischen und gestalterischen Prozess – von der Intention Kaiser Leopolds I., eine Bibliothek zu errichten, bis zur Beauftragung eines kaiserlichen Repräsentationsbaus durch Kaiser Karl VI. Thematisiert wird in dieser Ausstellung auch die Rolle der Hofbibliothek als Teil eines „Kulturforums”, welches sie bis zur Gründung eigenständiger Museen repräsentierte. Im an den Prunksaal angrenzenden, so genannten Neuen Augustinergang waren das Naturalienkabinett, Vorläufer des Naturhistorischen Museums, mit Mineralien, Fossilien und Tierpräparaten sowie das Münz- und das Physikalische Kabinett beheimatet und so fungierten die Bücher des Prunksaals auch als theoretische Grundlage für Kunst und Wissenschaft.

Die Schau verfolgt darüber hinaus die weitere Geschichte des Prunksaals, der, durch bauliche Mängel bedroht, schon bald nach seiner Errichtung umfänglich saniert werden musste, und thematisiert das Schicksal bis ins 20. Jahrhundert: Katastrophen wie den Brand im Revolutionsjahr 1848, die Bombenangriffe des 2. Weltkrieges und den Hofburgbrand im Jahr 1992.

Von den AnfängenDie Pläne, für die seit dem späten Mittelalter immer stärker anwachsenden Bestände der kaiserlichen Bibliothek auch ein adäquates Gebäude zu schaffen, gehen bis in die frühe Neuzeit zurück. Durch die institutionelle Festigung der Bibliothek, die Ausstattung mit Personal, die Entwicklung von Ideen für eine gezielte Erweiterung der Bestände und ihrer Benützung stellte sich die Raumfrage immer dringlicher. Provisorische Unterbringungen der Bücher im Minoritenkloster und im Bereich der Hofburg konnten in keiner Hinsicht diesen Ansprüchen genügen. Erst unter Kaiser Leopold I. (1640–1705) wurde in den 80er Jahren des 17. Jahrhunderts ein eigener Bibliotheksbau am heutigen Josefsplatz geplant und errichtet. Darstellungen aus der Zeit der Türkenbelagerung von 1683 lassen vermuten, dass die leopoldinische Errichtung ein einfaches Gebäude war, das auch angesichts der schwierigen politischen Lage seine ihm zugedachte Funktion nie erfüllen sollte. Die Lage der Bibliothek und die Doppelfunktion als Reitstall im Erdgeschoß und Büchersaal im Obergeschoß waren damit aber auch für den Nachfolgebau Fischer von Erlachs festgelegt.

Kaiserstil statt ZweckbauDer Impuls für den vermutlich ab 1721 konzipierten Neubau ging von Kaiser Karl VI. (1685–1740) aus. Er war zu dieser Zeit bereits Auftraggeber von mehreren Prachtbauten wie der Karlskirche, den Hofstallungen und dem Reichskanzleitrakt. Kaiser Karl VI. nutzte den Prunksaal, um sich und seinen Ahnen ein wirkungsvolles Denkmal zu setzen und beauftragte den damals bereits berühmten Hofarchitekten Johann Bernhard Fischer von Erlach (1656–1723) mit dem Neubau. Trotz fehlender schriftlicher Belege ist ohne Zweifel von seiner Urheberschaft auszugehen, denn als Oberinspektor für die kaiserlichen Bauten war es kaum möglich, diese prestigeträchtige Bibliothek im Herzen der Hofburg ohne sein Zutun auszuführen.

  Das ihm zugeschriebene Konzept zeigt eine radikale Abkehr von dem unter Kaiser Leopold I. errichteten Vorgängergebäudes. Es sah ein mit gewölbten Seitenflügeln versehenes und einer zentralen Kuppel bekröntes Prachtwerk vor. Architektonische Elemente, wie die den Raum gliedernden Säulenpaare, die auf die Devise des Erbauers („Mit Standhaftigkeit und Tapferkeit“) anspielen, sowie Statuen, Büsten und Wandmalereien sind die Medien, die für die Repräsentation genutzt wurden. Wie bei anderen Gebäuden des Johann Bernhard Fischer von Erlach wurde auch in diesem Fall sein Sohn Joseph Emanuel Fischer von Erlach (1693–1742) mit der Fortführung und Vollendung (1726) betraut. Sein gestalterischer Einfluss wird in erster Linie bei dem im Vergleich zum Innenraum strenger gegliederten Außenbau gesehen.

Vollendung und VeränderungNach der baulichen Vollendung im Jahr 1726 wurde die Einrichtung und Ausstattung des Prunksaals sukzessive umgesetzt. Ein offizieller Eröffnungstermin der Bibliothek ist in zeitgenössischen Berichten nicht dokumentiert; Indizien weisen aber auf den Zeitraum um 1735, als der Bau, wie es in der Inschrift über dem Mittelportal festgehalten wird, dem öffentlichen Nutzen zugeführt werden konnte. Die Ausstattung der Bibliothek verbindet sich untrennbar mit der Architektur zu einem Gesamtkonzept, das für heutige BetrachterInnen in seiner thematischen Fülle und inhaltlichen Vielschichtigkeit kaum mehr nachvollziehbar scheint, da sich diese Inszenierungen eines elitären, gelehrten „Geheimwissens“ aus antiken mythologischen Bezügen und barocken Interpretationen bedienten.

Die wichtigste Quelle für die Rekonstruktion des ursprünglichen Aussehens des Prunksaals steht auch im Mittelpunkt der Ausstellung: eine monumentale, mit illustrierenden Kupferstichen ausgestattete Monografie über die Kaiserliche Bibliothek, ausgeführt von dem für seine Stadtansichten berühmten Zeichner Salomon Kleiner (1700–1761) und dem Augsburger Kupferstecher Jeremias Jacob Sedelmayr (1704 [?]–1761). Anhand dessen lässt sich ein umfassendes Bild der ehemaligen Gestalt dieses Prachtbaus rekonstruieren.

Das auf Teilen des alten, leopoldinischen Baus errichtete Gebäude wies bald schwere Baumängel auf, die sogar Zweifel an seinem Weiterbestand aufkommen ließen. Durch das kompetente Eingreifen des Architekten Nikolaus Pacassi (1716–1790) konnte die Statik des Bibliotheksraumes nachhaltig gesichert werden. Die ausgestellten Aufnahmen und Pläne aus dieser Zeit dokumentieren die kritische Situation und illustrieren die Sanierungsmaßnahmen.

Gleichzeitig mit dieser Sicherung des Innenraumes wurde auch in die Außengestaltung der Hofbibliothek massiv eingegriffen. Erst zu diesem Zeitpunkt entstanden die formal an die Bibliotheksfassade angeglichenen Seitenbauten, die dem ehemals von sehr unterschiedlich gestalteten Gebäuden begrenzten Platz ein einheitliches und harmonisches Aussehen verliehen.

Gemalte Pracht und ein habsburgischer AhnensaalDas beim Betreten des Prunksaals auffälligste Ausstattungselement stellen die umfangreichen Freskenmalereien dar, die die Gewölbe und Bögen der Seitenflügel sowie die zentrale Kuppel zieren. Die Ausführung wurde dem österreichischen Barockmaler Daniel Gran (1694–1757) übertragen. Entsprechend der Benennung der beiden Prunksaal-Seitenflügel werden die Szenen in kriegerische und friedliche Themen aufgeteilt. In der Kuppel werden der Erbauer Kaiser Karl VI., seine Vorfahren und ihre Tugenden gewürdigt.

16 Habsburgerstatuen, die unter der Kuppel und bei den Säulen der Seitenflügel aufgestellt wurden und Vertreter der spanischen und österreichischen Linie darstellen, bilden eine Ahnengalerie würdiger Vorfahren. 1731 wurde die in der Zeit Kaiser Leopolds I. (1640–1705) begonnene, von den Gebrüdern Strudel (Strudl) ausgeführte Figurenreihe in die Raumplanung eingebunden. Die etwas später im Zentrum des Kuppelraumes aufgestellte Statue Kaiser Karls VI. als römischer Imperator wurde vom Hofbildhauer Antonio Corradini (1688–1752) angefertigt.

Frühere AntikensammlungDie Monografie Salomon Kleiners wird in der Ausstellung auch genützt, um die ehemalige Antikensammlung der Bibliothek zu rekonstruieren. Sie war auf ein heute nicht mehr in dieser Form erhaltenes Treppenhaus und eine unmittelbar dem Prunksaal vorgelagerte Anticamera verteilt. Die dort aufgestellten römischen Büsten, Inschriftensteine, Vasen und Sarkophage wurden im Laufe der Zeit in die neu gegründeten Museen übertragen. Teile davon befinden sich heute noch an den Seitenwänden der Prunkstiege, im Zugang zum Prunksaal. Diese Stücke haben in der zeitgenössischen Literatur, den Reiseberichten und archäologischen Abhandlungen ein starkes Echo gefunden – eine Auswahl davon wird in der neuen Ausstellung präsentiert. Inhaltlich war diese Sammlung im Zusammenhang mit dem Prunksaal zu sehen: Im Durchschreiten der Antike betrat man die Ruhmeshalle Kaiser Karls VI.

Fischer von Erlachs historische ArchitekturDas der Architekturgeschichte und -theorie verpflichtete verlegerische Hauptwerk von Johann Bernhard Fischer von Erlach ist unter dem Titel „Entwurff Einer Historischen Architectur” erschienen. Sie wird in der Ausstellung in dem an Kaiser Karl VI. adressierten Widmungsexemplar (1712) sowie in Darstellungen aus dem Druck von 1721 vorgestellt. Sie belegt nicht nur die historische Orientierung des Architekten, sondern bietet auch eine Auswahl seiner Werke wie beispielsweise die Kollegienkirche in Salzburg und die Karlskirche in Wien. Die Ausstellung macht darüber hinaus auf die Beziehungen aufmerksam, die sich zwischen dieser Veröffentlichung und dem Bau der Hofbibliothek herstellen lassen.

Revolution, Krieg und BrandSpätere Bedrohungen hat der Prunksaal der heutigen Österreichischen Nationalbibliothek mit viel Glück gut überstanden. Die in der Ausstellung präsentierten Kupferstiche, Lithografien und Fotografien geben davon anschaulich Zeugnis. Der Brand, der während der Revolution vom Oktober 1848 ausgebrochen war, hatte die oberen Stockwerke des Augustinertrakts schwer beschädigt. Ein Übergreifen der Flammen auf den zentralen Bibliotheksbau konnte verhindert werden. Den Bombenangriffen des Zweiten Weltkriegs entging der Büchertempel, wie er im Barock genannt wurde, nur knapp. Auch von dem Feuer, das im November des Jahres 1992 den unmittelbar angrenzenden Redoutensaaltrakt fast vollständig zerstört hatte, blieb der Prunksaal verschont.

In neuem GlanzNach der baulichen Sanierung der Bibliothek im 18. Jahrhundert sollten fast 200 Jahre vergehen, bis 1955 eine erste große Restaurierung des Prunksaales vorgenommen wurde. Weitreichende Maßnahmen wurden gesetzt, um die Schäden an der Substanz dieses geschichtsträchtigen Baues zu beseitigen und Fresken, Stuck, Marmor, Möblierung und Fassaden vom Staub der Zeit zu befreien. Im Juli 2022 wurden erneut umfangreiche Konservierungs- und Restaurierungsarbeiten begonnen, um dieses barocke Gesamtkunstwerk für künftige Generationen zu erhalten. Vergoldungen sowie Bestandteile aus Stuck, Marmor, Stein, Metall und nicht zuletzt die historischen Bücherregale aus Nussholz wurden in aufwendigen Arbeitsgängen von insgesamt 90 RestauratorInnen und ExpertInnen konserviert bzw. restauriert. Der Prunksaal ertrahlt nun wieder in neuem Glanz für alle BesucherInnen.

Längsschnitt durch den Prunksaal (Hauptgeschoss), 1737 – © Österreichische Nationalbiblio Längsschnitt durch den Prunksaal (Hauptgeschoss), 1737 – © Österreichische Nationalbiblio - Mit freundlicher Genehmigung von: onbwien / Rembrandts Amsterdam Goldene Zeiten? | Städel Museum Kuppelfresko von Daniel Gran, Schule von Athen: Nautik, Festungsarchitektur, Errichtung von Militärlagern und Musik, Kupferstich, Wien, ca. 1737 – © Österreichische Nationalbibliothek Kuppelfresko von Daniel Gran, Schule von Athen: Nautik, Festungsarchitektur, Errichtung von Militärlagern und Musik, Kupferstich, Wien, ca. 1737 – © Österreichische Nationalbibliothek - Mit freundlicher Genehmigung von: onbwien / Rembrandts Amsterdam Goldene Zeiten? | Städel Museum
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