»Wir haben einen großen und großzügigen Freund der Kunst verloren, dessen Schaffen in der Kunstwelt mit seiner Losung 'Ziviler Ungehorsam' uns im Gedächtnis bleiben wird. Harald Falckenberg lebte und stritt intensiv, liebte die Diskussion und den Diskurs und suchte stets eine geistige Herausforderung. Er sammelte oft widerspenstige Kunst, die unsere Vorstellungen von ihr schärfte und tiefen Einfluss auf den internationalen Kunstdiskurs nahm. Seine Großzügigkeit und leidenschaftliche Begeisterung waren mitreißend, und er war eine prägende Figur für das Kulturleben in Hamburg und darüber hinaus. Sein Erbe wird in der Kunstwelt unvergessen bleiben. Seiner intensiven Kunstleidenschaft ist es zu verdanken, dass seine Sammlung heute zu einer der bedeutendsten privaten Kollektionen internationalen Ranges gezählt werden kann«, so Dirk Luckow, Intendant der Deichtorhallen Hamburg.
»Harald Falckenberg war uns als langjähriges Aufsichtsratsmitglied immer ein hoch geschätzter Berater und leidenschaftlicher Verfechter der Kunst - seine Stimme hatte in Hamburg und weit darüber hinaus Gewicht. Wir sind sehr stolz, diese außerordentliche Sammlung zu betreuen, Ausstellungen aus ihr zu konzipieren und ein umfangreiches Rahmenprogramm daraus zu entwickeln und so das Lebenswerk Harald Falckenbergs lebendig zu halten«, ergänzt Bert Antonius Kaufmann, Kaufmännischer Direktor der Deichtorhallen Hamburg.
Harald Falckenberg übergab seine mehr als 2.400 Werke von 500 Künstler*innen umfassende Sammlung inklusive des Ausstellungshauses im Phoenix-Areal in Hamburg-Harburg 2011 den Hamburger Deichtorhallen als Dauerleihgabe. Ihr Schwerpunkt liegt auf der Kunst der Counter Culture, die nach dem Zweiten Weltkrieg als Aufstand gegen die Eliten und das Kunstestablishment insbesondere in den USA und Deutschland entstanden ist. Die Sammlung ist international mehrfach ausgezeichnet und von dem einflussreichen New Yorker Magazin ARTnews unter die besten 200 Sammlungen der Welt gewählt worden. Die Sammlung setzt Akzente auf Querdenker*innen und Außenseiter*innen des Kunstbetriebs, die mit subversiven, oft ironischen bis hin zu sarkastisch-zynischen Betrachtungsweisen die traditionellen Vorstellungen einer Repräsentationskunst des Guten, Wahren und Schönen unterlaufen.
Aktuell wird in der Sammlung Falckenberg die Ausstellung ANTI-FASHION der US-amerikanischen Künstlerin Cindy Sherman bis zum 3. März 2023 präsentiert. Ergänzt wird sie von fotografischen und künstlerischen Positionen aus dem Bestand der Sammlung Falckenberg – darunter Werke von John Baldessari, Karla Black, Monica Bonvicini, Richard Prince und Robert Longo. Die Sammlung ist jeden Samstag und Sonntag von 12 bis 18 Uhr kostenlos zu besuchen.
Zur Kooperation mit den Deichtorhallen HamburgNach Jahren freundschaftlicher Verbundenheit zwischen den Deichtorhallen und Harald Falckenberg wurde im Oktober 2010 ein Kooperationsvertrag zwischen der Freien und Hansestadt Hamburg und Harald Falckenberg geschlossen. Seitdem steht die Sammlung Falckenberg einschließlich der Ausstellungsräume in Harburg den Deichtorhallen als Dauerleihgabe zur Verfügung. Die Deichtorhallen übernahmen unter der Leitung des Intendanten Dirk Luckow die kuratorische und organisatorische Betreuung der Sammlung und betreiben die Phoenix-Halle mit einer Fläche von 6.000 m² als zusätzliche Ausstellungsräume in Harburg.
Neben der Präsentation der Sammlung fanden seit der Übernahme durch die Deichtorhallen Hamburg 41 Ausstellungsprojekte statt. In den 25 Einzelausstellungen wurden international renommierte Künstler*innen wie Wim Wenders, Monica Bonvicini, Philip Guston, Marilyn Minter, William S. Burroughs oder wie gerade aktuell Cindy Sherman präsentiert. Sechzehn Gruppenausstellungen thematisierten aktuelle Fragestellungen aus der Kunstwelt und drei Ausstellungen holten mit den Sammlungen Haubrock, Sigg und Viehof große private Sammlungen seit 2010 nach Harburg. Auch die Sammlung Falckenberg selbst wurde umfassend in dieser Zeit in Ausstellungen wie »Selbstjustiz durch Fehleinkäufe« (2015) oder »Installationen aus 25 Jahren Sammlung Falckenberg« (2019) präsentiert. Mit den Ausstellungen »Konzeptuelle Fotografie« und der ersten Retrospektive der Hamburger Fotografin Charlotte March, lieferten die fotografischen Arbeiten aus der Sammlung Falckenberg wichtige Ausstellungen zu der jeweiligen Triennale der Photographie. 2013 erhielten die fotografischen Arbeiten aus der Sammlung Falckenberg eine Ausstellung auf der Paris Photo, der weltweit bedeutendsten Messe für Fotografie.
Die internationale Wertschätzung der Sammlung ist auch am regen Leihverkehr zu erkennen. Leihgaben aus der Sammlung Falckenberg werden in Museen auf der ganzen Welt präsentiert wie der Tate Modern/London, MoMa PS1/New York, Whitney/New York, Centre Pompidou/Paris, Palais de Tokyo/Paris, Albertina/Wien, Nationalgalerie Berlin, Schirn/Frankfurt und ZKM Karlsruhe oder auch auf der Sao Paulo Biennale und der Biennale di Venezia. Sie stellen nicht selten Schlüsselwerke dar.
Schwerpunkte der Sammlung FalckenbergEin früher Sammlungsschwerpunkt bilden Arbeiten der späten 70er und 80er Jahre mit Künstler*innen wie Werner Büttner, Martin Kippenberger, Jürgen Klauke, Astrid Klein, Albert Oehlen und Franz West, denen Werke US-amerikanischer Künstler derselben Generation wie Vito Acconci, John Baldessari, Paul McCarthy und Richard Prince gegenübergestellt sind. In einem Schritt zurück wurden diese Positionen durch Arbeiten der vorangegangenen Generation progressiver internationaler Künstler und Künstlerinnen wie Hanne Darboven, Öyvind Fahlström, Dieter Roth und Paul Thek ergänzt. Erst in einem dritten Sammlungsabschnitt ist der Bezug zu den jüngeren Positionen der Gegenwartskunst aufgenommen worden.Mit Arbeiten von Monica Bonvicini, Andrea Fraser, Christian Jankowski, Sarah Lucas, Raymond Pettibon, Jason Rhoades, Daniel Richter, Christoph Schlingensief, Santiago Sierra und Andreas Slominski vermittelt die Sammlung einen profunden Überblick über die deutschen und ausländischen Vertreter der Gegenkultur der 80er und 90er Jahre. Einen wichtigen Teil der 6000 qm großen Ausstellungsfläche nehmen raumgreifende Installationen der Multimedia Art von Künstler*innen wie John Bock, Thomas Hirschhorn, Mike Kelley, Jon Kessler, Jonathan Meese, Anna Oppermann und Gregor Schneider ein. Im Untergeschoss steht den Besuchern ein Schiebelager mit etwa 400 Arbeiten zur Verfügung. Ein weiterer Schwerpunkt der Sammlung liegt im Bereich der Fotografie mit Werken internationaler Künstler*innen wie Lewis Baltz, Victor Burgin, Sophie Calle, Larry Clark, Willliam Eggleston, Valie Export, Lee Friedlander, Martha Rosler, Martin Parr oder Wolfgang Tillmans.
Daten zur Person Harald Falckenberg und seiner Sammlung Jurist, 1992 bis 2004 ehrenamtlicher Richter am Hamburger Verfassungsgericht. Promoviert im internationalen Privatrecht. Von 1979 bis 2015 Geschäftsführer eines Hamburger Familienunternehmens.
Seit 1997 Vorstandsmitglied des Hamburger Kunstvereins und von 1999 bis 2017 Vorsitzender des Vereins.
Seit 1994 Aufbau der Sammlung mit öffentlichen Ausstellungen seit 1996 im „Pump Haus“ am Flughafen und seit 2001 in den Harburger Räumen der Phoenix AG. Nach Übernahme von Phoenix durch Continental 2007 Ankauf der heutigen Ausstellungshallen mit einer Fläche von ca. 6200 qm durch Falckenberg. Die Sammlung umfasst heute ca. 2400 Arbeiten der zeitgenössischen Kunst. Nach längeren Verhandlungen Abschluss eines Leihvertrags über die Ausstellungshallen und die Sammlung mit der Hansestadt und den Deichtorhallen Hamburg mit Wirkung ab 1.1.2011. Der Vertrag ist am 20.7.2022 mit einer Laufzeit bis Ende 2032 verlängert worden.
2008 ist Falckenberg zum ehrenamtlichen Professor der HFBK ernannt worden.
Verlagstätigkeiten: Falckenberg hat eine Vielzahl von Analysen und Essays zum Kunstbetrieb verfasst, die in verschiedenen Publikationen, insbesondere dem 2008 erschienenen Sammelband „Aus dem Maschinenraum der Kunst. Aufzeichnungen eines Sammlers“ veröffentlicht worden sind. Dabei haben Aufsätze über Künstler wie Monica Bonvicini, Philip Guston, Christian Jankowski, Mike Kelley, Jon Kessler, Astrid Klein, Jonathan Meese und Paul Thek eine zentrale Position. Im Jahr 2008 hat Falckenberg den Verlags Philo Fine Arts mit seiner Fundus-Reihe zur Kunsttheorie erworben. Bereits 2007 hat er die Mehrheitsbeteiligung von 52 % des Gründers Peter Gente am ambitionierten Merve-Verlag übernommen.
Auszeichnungen1999 bis 2013 unter ArtNews´ „The World´s Top 200 Collectors“2009 Art-Cologne-Preis2009 „Hamburger des Jahres“ in der Kategorie Kunst2011 Montblanc de la Culture Arts Patronage Award2013 Award des amerikanischen Kritikerverbands AICA2016 Platz 26 der „Word´s Top 100 Collectors“ von ArtNetAusgewählte Publikationen von und über FalckenbergTim Sommer, „Knallhart am Mainstream vorbei“, Art, 2000Harald Falckenberg, FAZ, 2002David Galloway, „A stunning place to showcase outsiders“, Herald Tribune, 2008Marc Spiegler, „Tough Decisions …“, Art Review 2008Ulf Wuggenig/Heike Munder, Auszug aus „Das Kunstfeld“ 2012Le Monde, Portfolio zur Ausstellung auf der Paris Photo 2013Harald Falckenberg, „The Artworld“, Financial Times und Katalog der 44. Art Basel, 2014Counter Culture. 25 Years Sammlung Falckenberg. Objects and Installations. Kat. Sammlung Falckenberg / Deichtorhallen Hamburg. Hg. Dirk Luckow, Harald Falckenberg, 2019ARTE Film von Eva Gerberding: "Von der Fabrik zur Kunst": Dokumentation über den Sammler Harald FalckenbergGespräch mit Harald Falckenberg anlässlich des 25. Jährigen Bestehens der Sammlung Falckenberg 2019 im Onlinemagazin der Deichtorhallen Hamburg HALLE4
ÖFFNUNGSZEITENDienstag – Sonntag, 11 – 18 Uhr, ohne AnmeldungJeden 1. Donnerstag im Monat 11 – 21 Uhr (außer an Feiertagen)Feiertags geöffnet 11 – 18 Uhr8 Euro/erm. 5 EuroRAHMENPROGRAMMBegleitend zur Ausstellung ist ein Programm mit Kuratorinnenführungen, Künstlergesprächen sowie einem Podiumsgespräch geplant. Alle Termine unter deichtorhallen.de.
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