Ein Highlight der Dorotheum-Auktionswoche im Mai: Gemälde von Osman Hamdi Bey für 1 bis 1,4 Millionen Euro bei Auktion am 2. Mai 2023"Ein Blick in den Spiegel“, das Ölbild einer jungen Dame in opulentem Interieur, gemalt von Osman Hamdi Bey, zählt zu den Highlights der Dorotheum-Auktion „Gemälde des 19. Jahrhunderts“ am 2. Mai 2023 und wird als Teil der Auktionswoche mit Alten Meistern, Antiquitäten angeboten werden. Der Schätzwert des 68 mal 45 Zentimeter messenden Bildes ist zwischen einer und 1,4 Millionen Euro angesetzt.
Osman Hamdi Bey (1842-1910) begründete die moderne türkische Malerei und prägte das kulturelle Leben seines Landes in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts wie kein anderer. Ausgebildet in Paris bei Gustave Boulanger und dem berühmten Historienmaler Jean-Léon Gérôme, oszillierend zwischen Orient und Okzident, Tradition und Moderne, war er eine bedeutende Integrationsfigur des Osmanischen Reiches. Er leistete Pionierarbeit als Kunstförderer, Museumsdirektor, Archäologe sowie als Bewahrer des nationalen Kulturgutes.
Tradition und ModerneAuch beim „Blick in den Spiegel“ mischt Hamdi Bey westliche akademische Malerei mit östlicher Finesse. Obwohl undatiert, lässt es sich in die 1880er-Jahre seines Schaffens einordnen. Einer Zeit, in welcher der Künstler zahlreiche Frauenporträts anfertigte und in denen er sie in der aktuellen Mode darstellte. Das auf Leinwand gemalte Bild zeigt den Blick in die Gemächer einer jungen Frau, die vor dem Ausgehen in einen Spiegel blickt. Sie dürfte dem Anschein nach aus einer sehr wohlhabenden Familie stammen, trägt ein gelb-ockerfarbenes Kleid und ist gerade dabei ihr Kopftuch (Yemeni) zu binden. Ihr schwarzer Kaftan, ein Ferace genannter Ausgehmantel, liegt am großen blauen Sofa bereit. Dieses ist mit Catma Samt aus der Stadt Bursa überzogen. Sie kniet auf einem osmanischen Seidenbrokat-Polster (Yastik). Im Ankleideraum steht ein Turbanständer (Kavukluk), der Boden ist mit einer gewebten sogenannten Hasir Matte bedeckt.
Osman Hamdi Bey
wurde von seinem Vater, dem Großwesir Ibrahim Ethem Pascha, nach Paris geschickt, um Jus zu studieren. Doch er brach die Ausbildung ab und wandte sich der Malerei zu, wurde Schüler in Gustave Boulangers Atelier. Seinen ersten Auftritt im Pariser Salon hatte er aber nicht als Maler, sondern als Gemalter: Eines von zwei Gemälden, die Boulanger 1865 im Salon ausstellte, trug den Titel „Bildnis von Hamdi Bey“. Ein Jahr später war der Porträtierte selbst als Künstler in der Ausstellung vertreten.
Im Paris der frühen 1860er-Jahre übte auch der Maler Jean-Léon Gérôme großen Einfluss auf Hamdi Bey aus. Der junge osmanische Künstler studierte die opulenten Gemälde des berühmten, vom Orient faszinierten Malers an der École des Beaux-Arts, wo Gérôme 1864 als Professor der Malerei unterrichtete.
1867 wurden auf der Pariser Weltausstellung drei Werke Hamdi Beys gezeigt und mit Medaillen prämiert. Bereits damals galt Hamdi Bey als einer der führenden osmanischen Maler. Auf der Wiener Weltausstellung im Jahr 1873 vertrat Osman Hamdi Bey als Commissaire Générale das Osmanische Reich. Es war die erste große, kulturpolitische Aufgabe, die ihm vom Sultan Abdül Hamid II. übertragen wurde. Zu diesem Anlass publizierte er gemeinsam mit dem Pariser Künstler Victor Marie de Launay eine 500 Seiten umfassende Studie der traditionellen Trachten des osmanischen Reiches, die mit 74 Photographien angereichert ist und bis heute faszinierende Einblicke gewährt.
1881 ernannte Sultan Abdul Hamid II. ihn zum Direktor des „Museums des Imperiums“ in Konstantinopel, 1883 zum Leiter der Konstantinopler Kunstschule. 1882 gründete Hamdi Bey das Institut für Schöne Künste, damit junge Osmanen nicht nach Europa reisen mussten, um Kunst zu studieren.