Es war der 19. August 1839, als die französische Akademie…
Es war der 19. August 1839, als die französische Akademie…
Es war der 19. August 1839, als die französische Akademie der Wissenschaften der staunenden Öffentlichkeit eine revolutionäre Errungenschaft präsentierte: Louis Jacques Mandé Daguerre und sein kurz zuvor verstorbener Landsmann Joseph Nicéphore Niépce hatten ein Verfahren entwickelt, mit dem die Welt auf silberbeschichteten Kupferplatten erstmals dauerhaft abgebildet werden konnte. Damit jährt sich die offizielle Geburtsstunde der Fotografie heuer zum 180. Mal.
Dass der französische Staat die Patente dieses fotografischen Verfahrens – der Daguerreotypie – aufkaufte und sie der Welt zum Geschenk machte, hat entscheidend dazu beigetragen, dass die neue Kulturtechnik unser Bild der Welt seither tiefgreifend verändert und mitgeprägt hat: Ohne Fotografie hätten wir nie das erste, 1968 aus dem Weltall aufgenommene Bild der Erde und nie die brennende Hindenburg gesehen. Wir würden die elf Männer, die auf einem Stahlträger, hoch über New York sitzend, Mittag essen ebenso wenig kennen, wie den DDR-Soldaten, der über die Grundsteine der Berliner Mauer in die Freiheit springt. Niemand wüsste heute, wie Anne Frank oder Albert Einstein mit herausgestreckter Zunge ausgesehen haben, das millionenfach reproduzierte Bild Che Guevaras wäre längst aus dem kollektiven Gedächtnis verschwunden und der einsame junge Mann, der sich den Panzern am Tianánmen-Platz entgegengestellt hat, erst gar nicht dorthin vorgedrungen.
„Die Fotografie hat unsere Welt maßgeblich verändert“, sagt der Sammler und Gründer des Wiener Fotomuseums WestLicht Peter Coeln. „Und ihre Faszination ist, wie die mehr als 1,1 Millionen, vorwiegend jungen Besucher_innen unserer 120 Ausstellungen in den letzten 18 Jahre zeigen, bis heute ungebrochen“.
Das 180-jährige Jubiläum des heute täglich rund 3,2-milliardenfach genutzten Mediums feiert WestLicht mit einem Tag der offenen Tür und einem vielfältigen Festprogramm. Neben stündlichen Führungen durch das neu gestaltete Kameramuseum, anregenden Workshops und amüsanten Photobooth-Aktionen, erwarten die Besucher_innen eine Diskussion zur Frühgeschichte der Fotografie in Österreich und sommerliche WestBar-Drinks im Innenhof.
Den Höhepunkt des fotografischen Feiertages bildet eine Sonderausstellung früher Daguerreotypien und Fotografien aus der Fotosammlung OstLicht. Wie die bürgerlichen Porträts unter Glas – häufig in Lederetuis mit Samtfutter – und reizvolle Stereoplatten, aber auch seltene Beispiele früher Veduten und medizinischer Dokumentationen zeigen, hat das erste kommerziell genutzte fotografische Verfahren bis heute nichts von seiner Faszinationskraft eingebüßt.
Absehbarer Publikumsmagnet wird dabei der Susse Frères Daguerréotype, die erste kommerziell hergestellte Kamera der Welt, sein. Diese Kamera wurde im August 1839 nach den Plänen Daguerres gebaut und bereits am 23. August in der "Gazette de Paris" beworben. Sie ist das einzig erhaltene Exemplar und das Herzstück und historisch wertvollste Objekt des WestLicht Kameramuseums, das in künftig regelmäßig geplanten Überblicksführungen noch zahlreiche weitere verblüffende Entwicklungen wie eine Brieftaubenkamera aus 1910 oder trickreiche Spionagekameras präsentiert.
Dass die Erfindung der Fotografie vom ersten Moment an hervorragend funktionierte, wird mit einer Sonderausstellung von Porträts bekannter Persönlichkeiten demonstriert, die Peter Coeln mit dieser Kamera aufgenommen hat. Darüber hinaus kann der Daguerréotype aus nächster Nähe bestaunt werden, wenn er am 19. August seine Vitrine verlässt und erneut zum Einsatz kommen wird.
Tag der offenen Tür im WestLicht Montag, 19. August 2019, ab 14 Uhr mit WestBar und Shooting mit der Kamera aus 1839! Ab 19 Uhr Diskussionsabend über die Anfänge der heimischen Fotografie und ihre bahnbrechende Rolle. Peter Coeln im Gespräch mit der Fotohistorikerin und Direktorin des Photoinstituts Bonartes Dr. Monika Faber und Simon Weber-Unger, Kunsthändler, Verleger und Experte für historische wissenschaftliche Instrumente.
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